Vergleichsweiser Abschluss eines Rechtsstreits um Millionen-Forderung aus einem Servicevertrag auf Vermittlung der 31. Kammer für Handelssachen

Vor kurzem gelang es der 31. Kammer für Handelssachen erneut, einen Konflikt im Bereich der Automobilzulieferindustrie durch Vergleich zu schlichten (31 O 84/22 KfH). Zu dem Konflikt zwischen den Parteien war es gekommen, weil die Preise für Strom, Erdgas und Erdöl sowie Rohstoffe und andere Materialien stark gestiegen waren, insbesondere als Folge des Kriegs in der Ukraine. 

Mit einem Vergleich, der einen Zahlbetrag in Millionenhöhe vorsah, endete im August 2022 eine bei der 31. Kammer für Handelssachen des Stuttgart Commercial Court anhängige Streitigkeit aus einem beiderseitigen Handelsgeschäft (31 O 160/21 KfH).

Sachverhalt

Die Parteien waren durch eine „Service-Partner-Vereinbarung“ verbunden. Bei der Beklagten handelt es sich um einen international bekannten Hersteller von Werkzeugmaschinen – einen der größten in Deutschland. Aufgrund massiven Fachkräftemangels in der Branche schlossen die Parteien 2017 eine „Service-Partner-Vereinbarung“ mit mehrjähriger Laufzeit, mit dem Ziel, externe Servicetechniker der Klägerin für Aufträge bei Kunden der Beklagten in ganz Deutschland heranziehen zu können. Die Parteien vereinbarten eine Mindestauslastung des bereitzustellenden Servicepersonals von 80%. Schon während der Vertragslaufzeit kam es jedoch zu Unstimmigkeiten, einerseits wegen (behaupteter) Qualitätsprobleme bei den Serviceleistungen und wegen Meinungsverschiedenheiten über die hinreichende Qualifikation der bereitgestellten Techniker, über deren tatsächliche Verfügbarkeit für Serviceeinsätze angesichts notwendigen Schulungsbedarfs und Fluktuation. Andererseits hatte man aufgrund von Auftragseinbrüchen infolge der „Corona“-Pandemie im Laufe des Jahres 2020 unstreitig die Zahl der bereitzustellenden Service-Mitarbeiter einvernehmlich reduziert. Auch danach blieb aber streitig, ob die Beklagte ihrer (vertraglich weiter differenzierten) Mindestauslastungspflicht ausreichend nachgekommen war, wie die streitige Unterschreitung der Mindestauslastung konkret zu berechnen war und ob und in welcher Höhe der Klägerin ein Schaden entstanden war. Schließlich stellte die Klägerin ihren Geschäftsbetrieb sogar ganz ein und machte klageweise Schadensersatz in Höhe von rund 5 Mio. EUR geltend.

Verfahrensablauf

Kurz vor Weihnachten 2021 wurde der Rechtsstreit auf Antrag einer Partei an die 31. Kammer für Handelssachen verwiesen. Noch im Dezember 2021 unterbreitete der Vorsitzende der Kammer, Dr. Schumann, den Parteivertretern Terminvorschläge für eine erste „Case Management Conference“. Diese fand nach Verlängerung der Klageerwiderungsfrist bis Ende Februar 2022 bereits am 18. März 2022 statt. Bei der „Case Management Conference“ wurden mögliche Schwerpunkte der ersten mündlichen Verhandlung erörtert. Zugleich wurde bereits zum damaligen Zeitpunkt deutlich, dass eine gemeinsame Aufarbeitung des komplexen Sachverhalts in tabellarischer Form nicht nur prozessökonomisch sinnvoll, sondern zugleich zielführend für die Entwicklung eines Vergleichsvorschlags sein würde. Der Vorsitzende der 31. Kammer für Handelssachen, Dr. Schumann, konzipierte selbst einen Entwurf entsprechend miteinander verlinkter Tabellen. Die Parteien erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme und unterbreiteten konstruktive Ergänzungs- und Änderungsvorschläge hierzu. Mitte Mai 2022 teilte der Kammervorsitzende den Parteien in einer Verfügung seine vorläufige Einschätzung der Probleme des Falles mit, unterbreitete den Parteien im Sinne der Prozessökonomie einen konkreten Vergleichsvorschlag und – für den Fall, dass die damit angestoßenen Vergleichsgespräche zunächst gescheitert wären – einen „Fahrplan“ für das weitere Vorgehen. Die Parteien entschieden sich für eine vergleichsweise Verfahrensbeendigung. Die von der Kammer angestoßenen außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen führten zum Ziel: Die Parteien einigten sich, durchaus in der vom Kammervorsitzenden vorgeschlagenen Größenordnung. Im August 2022 konnte der Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO protokolliert werden. Der Streitwert belief sich auf rund 5 Mio. EUR. Die Verfahrensweise der 31. Kammer für Handelssachen fand positiven Anklang.